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HI-LING

LINGUISTIK AN MITTELSCHULEN

UNIT 2: VIOLATION OF MAXIMS

Lektion 4: Bilinguale Sprachphänomene

Bilinguale Sprachphänomene treten in Sprachkontaktsituationen auf. Dieser Begriff beschreibt die gegenseitige Beeinflussung von Sprachen durch kontinuierliche Interaktion.

Schlüsselkonzepte

  • Transfer

  • Entlehnung

  • Lehnwörter

  • Code-Switching

UNIT 1: Transfer, Entlehnung und Lehnwörter

Stellt euch eine Person italienischer Muttersprache vor, die Deutsch lernt. Ihr werdet wahrscheinlich einen Akzent hören, die Person wendet vielleicht italienische Satzstellung an und übersetzt einige Wörter inkorrekt. Um es anders auszudrücken, die Person überträgt Elemente ihrer Muttersprache in die Zweitsprache. Beispielsweise wird in der Deutschschweiz der Ausdruck "von Freitag auf Samstag" häufig mit "da venerdì su sabato" Übersetzt. Im Italienischen wird der Satz aber mit der Präposition a gebildet, nicht mit der Übersetzung von auf. Dieses Phänomen wird als Transfer bezeichnet. Elemente von jeder Ebene der Sprache, also Phonetik, grammatische Strukturen und Lexik, können übertragen werden. Transfer geschieht nicht nur, wenn ein Individuum in der Zweitsprache spricht. Sprechergemeinschaften können auch Elemente aus Sprachen übertragen, von denen nicht alle umfangreiche Kenntnisse besitzen. In diesem Fall kann von Entlehnung gesprochen werden. Die am weitesten verbreitete Form der Entlehnung sind Lehnwörter. Andere sprachlichen Strukturen können jedoch auch entlehnt werden (z.B. stammt das Suffix -ieren aus dem Französischen, wie auch das Phonem [ʒ] in Garage).

Ein Grund für das Entlehnen von Wörtern besteht darin, ein Wort aus einer anderen Sprache zu übernehmen, wenn es in der Zielsprache keine Entsprechung gibt, um dasselbe Konzept auszudrücken. Dies ist oft der Fall, wenn es um kulturelle Konzepte geht, wie beispielsweise Festtage oder Lebensmittel. Das Entlehnen kann auch durch Prestige motiviert sein. In diesem Kontext bezeichnet Prestige die sozialen Assoziationen, die durch die entlehnten Wörter hervorgerufen werden. Selbst wenn es einen Ausdruck für dasselbe Konzept in der Empfängersprache gibt, kann das entlehnte Wort eine andere Art von Prestige mit sich bringen.

Übung 1: Lehnwörter

Übung 1: Erstellt zunächst eine Liste mit fünf Lehnwörtern, die euch in den Sinn kommen. Versucht Lehnwörter aus möglichst vielen verschiedenen Sprachen zu finden.

Im nächsten Schritt könnt ihr die Wörter auf verschiedene Aspekte untersuchen.

-In welchem sozio-historischen Kontext wurde das Wort ins Deutsche übernommen?

-Gibt es im Deutschen einen Ausdruck mit der gleichen Bedeutung? Kann man beide Wörter austauschbar verwenden, oder unterscheiden sie sich in Stil oder Konnotation?

-Wurde das Wort verändert (z. B. Rechtschreibung, Phonetik), es der deutschen Sprache anzupassen?

Ihr könnt für eure Recherche Hilfsmittel verwenden, zum Beispiel das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (https://www.dwds.de/)

UNIT 2: Code-Switching

Wenn ihr zweisprachig seid, dürftet ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits mit Code-Switching vertraut sein, selbst wenn euch dieser Begriff bisher unbekannt war. Bevor wir uns mit verschiedenen Aspekten des Code-Switching befassen, betrachten wir die Definition des Begriffs. Code bezieht sich in diesem Kontext auf Sprachen und ihre Varietäten. Code-Switching beschreibt die abwechselnde Verwendung von zwei Sprachen innerhalb einer Äusserung. Darüber hinaus können wir zwischen zwei Arten des Code-Switching unterscheiden. Intersententielles Code-Switching bedeutet die Verwendung von mehr als einer Sprache in einem Gespräch, wobei die Sprache nach dem Satzende gewechselt wird.

 

Beispiel: "I don't know. Haz lo que quieras." ("Ich weiss nicht. Mach,was du willlst.")

 

 Intrasententielles Code-Switching bezieht sich hingegen auf das Wechseln von Codes innerhalb eines Satzes.

 

Beispiel: "You didn't have to worry que somebody te iba a tirar con cerveza o una botella or something like that." ("Du musstest nicht befürchten, dass jemand Bier oder eine Flasche oder ähnliches nach dir wirft.")

 

Lange Zeit galt Code-Switching als eine Form des zufälligen, inkorrekten Sprachgebrauchs. Während einige immer noch negative Einstellungen gegenüber Code-Switching haben, selbst bilinguale Sprecher, betrachten Forschende Code-Switching als eine zweisprachige Kompetenz, die von systematischen Regeln geleitet wird und dem Sprecher eine Reihe pragmatischer und sozialer Funktionen bietet.

 

Grammatische Strukturen werden auch während des Code-Switching berücksichtigt. Code-Switches können alle Wortklassen sowie auch Teile von Wörtern einbeziehen. Interessanterweise können sogar Sprachen mit sehr unterschiedlichen Strukturen gemischt werden.

 

Intrasententielles Codeswitching ist oft durch das Ergänzen lexikalischer Lücken begründet. Dies kann der Fall sein, wenn man ein Bestimmtes Wort nicht kennt, ein Wort in der anderen Sprache häufiger gebraucht oder weil man sich bewusst für das Wort in der anderen Sprache entscheidet. Beim Intersententiellen Code-Switching, tragen Identitäts- und Gesprächsfunktionen eine Rolle. Code-Switching kann zur Unterstreichung der persönlichen und gruppenbezogenen Identität verwendet werden oder um Solidarität mit einer bestimmten Sprachgemeinschaft auszudrücken.

Dieser Abschnitt diente als kurze Einführung in die strukturellen, funktionalen und symbolischen Eigenschaften des Code-Switching. Nun habt ihr Zeit, euren eigenen Sprachgebrauch zu beobachten. Bildet Gruppen mit mindestens einem zweisprachigen Sprechenden und diskutiert die folgenden Fragen:

-Welche Sprachen mischt ihr?

-Verfügt ihr über eine ausgewogene Kompetenz in beiden Sprachen?

-Welche Wörter führen zu Switches?

-In welchem Umfeld könnt ihr Code-Switching praktizieren?

-Könnt ihr mit jedem Gesprächspartner Code-Switching anwenden?

-(Wie) integriert ihr eine Sprache in die andere?

 

Übung 2: Code-Switching

Abschliessende Gedanken

In dieser Lektion haben wir uns mit einer Reihe von Phänomenen beschäftigt, die sich aus Sprachkontakt ergeben können. Wir hoffen, euer Bewusstsein für die Tatsache geschärft zu haben, dass Sprachen durch bilinguale Interaktionen kontinuierlich geformt werden. Einzelne Sprachen sind keine isolierten Systeme, sie können mit anderen Sprachen interagieren und durch diese beeinflusst werden.

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